Neuordnung der Offenlegung von Jahresabschlüssen: Handlungsbedarf für kleine und mittelgroße Gesellschaften

Rechtsstand: 23.04.2007Finanzwirt (FH) Josef Maier, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer, Geschäftsführer und Gesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft Dobler & Partner GmbH, Stuttgart und Zweigniederlassungsleiter in Schwäbisch Gmünd
in Wirtschaft Regional | 23.04.2007

Mit dem EHUG, dem „Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister“ hat der Gesetzgeber das Registerwesen in Deutschland mit Wirkung ab dem 01 .01. 2007 umfassend reformiert und an das Internetzeitalter angepasst. In Kombination mit der ebenfalls durch das EHUG erfolgten Neuordnung der Offenlegung von Jahresabschlüssen führt dies zu einer deutlich erhöhten Transparenz von Unternehmensdaten.Sämtliche bei den vorgenannten Registern einzureichende Unternehmensdaten können seit 01 .01. 2007 über das neu geschaffene elektronische Unternehmensregister www.unternehmensregister.de, weltweit, von jedermann, entweder unmittelbar eingesehen oder in elektronischer Form abgerufen werden.Offenlegungspflichtige Unternehmen, aber auch an Unternehmensdaten interessierte Marktteilnehmer sollten sich mit den Neuregelungen längst vertraut gemacht und eine für ihr Unternehmen individuell zugeschnittene Strategie erarbeitet haben. Hinsichtlich der Offenlegung von Jahresabschlüssen ist auf folgende Änderungen hinzuweisen: Die bisher vorgeschriebene Einreichung der Unterlagen beim Handelsregister entfällt.Einzureichen sind die Unterlagen beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers (Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH Sitz Köln), womit die bisherige Bekanntmachung der Einreichung im elektronischen Bundesanzeiger durch das Unternehmen überflüssig geworden ist.Nach Einreichung der Unterlagen werden durch den e-Bundesanzeiger Indexdaten an das Unternehmensregister weitergeleitet, so dass dieses seine Portalfunktion wahrnehmen und Anfrager direkt auf den Datenbestand beim Bundesanzeiger zugreifen lassen kann. Der Unternehmer hat also nach erfolgter Einreichung beim e-Bundesanzeiger hinsichtlich des Unternehmensregisters nichts weiter zu veranlassen. Die offen zu legenden Unterlagen sind in „elektronischer Form“ einzureichen. Der e-Bundesanzeiger nimmt Jahresabschlussunterlagen in den Dateiformaten Word, RTF, Excel, und XML an. Jahresabschlussunterlagen im pdf-Format werden nicht angenommen. Bis 31.12.2009 können Unterlagen der Rechnungslegung beim e-Bundesanzeiger auch noch in Papierform eingereicht werden, allerdings zu deutlich höheren Kosten. Bevorzugt und deshalb über den Preis begünstigt wird das xml- Format.

Die Überwachung der Offenlegungspflichten erfolgt nunmehr von Amts wegen und lückenlos durch den Betreiber des e-Bundesanzeigers. Verstöße werden an das Bundesamt für Justiz (BfJ), einer neu geschaffenen Dienstleistungsbehörde für die Justizverwaltung, der auch die Führung des Strafregisters übertragen wurde, gemeldet, welches dann das bisher schon vorgesehene Ordnungsgeldverfahren (Ordnungsgeld von 2,5 TEuro bis 25 TEuro) zunächst unter Fristsetzung androht und dann, erforderlichenfalls mehrmals, einleitet. Bereits mit der Androhung des Verfahrens wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 50 Euro fällig.

Bisher dagegen hatte das Registergericht nur auf Antrag von interessierter Seite das Verfahren angedroht und erforderlichenfalls eingeleitet. Dabei ist bereits seit dem Jahr 2000 mit dem KapCoRiLiG, mit dem auch die GmbH & Co KG`s hinsichtlich der Offenlegungspflichten den reinen Kapitalgesellschaften gleich gestellt wurden, die Antragsberechtigung für Jedermann eingeführt worden.

Aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft und den bilanzpolitischen Grundaussagen des Jahresabschlusses ist eine Identifizierung möglicher Interessenten und eine dementsprechende Ausrichtung der Begegnungsstrategie unabdingbar. Dabei stehen Offenlegungspflichtigen mehrere Strategien zur Auswahl.

Die Publizität ist der Preis für die Haftungsbeschränkung. Bei der Vermeidungsstrategie erfolgt die Beseitigung der Haftungsbeschränkung und damit der Offenlegungspflicht, durch Umwandlung der Gesellschaft oder durch Aufnahme einer natürlichen Person als Vollhafter, allerdings verbunden mit dem gravierenden Nachteil der Haftungsausdehnung. Aber auch die Einbeziehung mehrer Gesellschaften in einen Konzernabschluss mit (offenlegungs)- befreiender Wirkung bzgl. der jeweiligen Einzelabschlüsse, verbunden mit dem Vorteil der vollständigen Neubewertungsmöglichkeit bei der erstmaligen Aufstellung, kann zur Vermeidung der Publizität führen.

Die Mindestmaßstrategie verfolgt mit Umstrukturierungen (Ab- oder Aufspaltungen aber auch Outsourcing) und bilanzpolitischen Maßnahmen, sowohl vor als auch nach dem Bilanzstichtag, das Ziel der Reduzierung der Größenmerkmale (Bilanzsumme, Umsatz und Anzahl der Arbeitnehmer) zur Erreichung der Offenlegungserleichterungen, insbesondere für kleine Kapitalgesellschaften.

Die Offensivstrategie dagegen zielt darauf ab, durch bilanzpolitische Maßnahmen das Unternehmen ins rechte Licht zu rücken und bei interessierten Lesern den im Hinblick auf die verfolgten betrieblichen Interessen den bestmöglichsten Eindruck zu erzielen. Die bislang in Deutschland ganz überwiegend praktizierte Ignoranzstrategie, nämlich das Ignorieren der bestehenden Offenlegungspflichten, ist wegen der verschärften Überwachung künftig zum Scheitern verurteilt und kann deshalb nicht mehr ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

Im Hinblick auf die häufigste Strategie, der Reduktionsstrategie ist anzumerken, dass bereits die bislang veröffentlichten Jahresabschlüsse kleiner und mittelgroßer Gesellschaften teilweise den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen, und darüber hinaus in aller Regel auch noch weit mehr Informationen preisgeben, als notwendiger weise erforderlich. Bereits vor der Inanspruchnahme von Offenlegungserleichterungen ist deshalb zu beachten, dass nicht offen gelegt werden muss, was nicht aufgestellt werden muss.

Deshalb sind in erster Linie zuerst die Aufstellungserleichterung auszuschöpfen (z. B. Reduzierung der Bilanzposten auf die Ebene der römischen Zahlen bei kleinen Gesellschaften, Saldierung des Umsatzes mit dem Materialeinsatz sowie den Fremdleistungen zum Rohergebnis bei mittelgroßen Gesellschaften, Verschleierung des Jahresüberschusses durch unterjährige Ausschüttungen in Kombination mit der Aufstellung des Jahresabschlusses unter Berücksichtigung der Ergebnisverwendung, u. a.). Sowohl die Aufstellungserleichterungen als auch die Offenlegungserleichterungen, in Abhängigkeit von der jeweiligen Größenklasse, gerade auch im Bereich der Anhangsangaben (Anzahl der Arbeitnehmer, Angabe der Bezüge der Geschäftsleitung …) sind so komplex, dass sie selbst von Fachleuten ohne die konsequente Abarbeitung von Checklisten kaum mehr überblickt werden.

Dabei ist zu bedenken, dass künftig Lieferanten, Kunden, Wettbewerber, aber auch bilanzpolitische Laien wie Arbeitnehmer oder Lokalpolitiker Jahresabschlüsse künftig problemlos einsehen können und ihre Schlüsse ziehen werden. Eine von den Erstellern unabhängige Überprüfung des Offenlegungsexemplars durch einen Spezialisten vor der Einreichung beim e-Bundesanzeiger unter Berücksichtigung der angestrebten Ziele ist deshalb dringend anzuraten.